Serijsa

Zwischen den Spiegeln

Das königliche Geschlecht überließ Sorieska den Händlergilden und mischte sich selten ein. Man munkelte von einem Fluch der Feen, der die Königsfamilie getroffen und ihre Mitglieder so entstellt hatte, dass sie wie Monstrositäten wirkten. Ein gebrochenes Versprechen, das den Zorn des Feenkönigs herausgefordert hatte. Die Dienstboten, die in die Stadt kamen, schwiegen eisern über das Schicksal ihrer Herrn. Niemand wusste wirklich, warum sich die Raben von Serijsa nicht mehr zeigten und jene, die ihren Vorteil daraus zogen, kümmerten sich darum, dass keiner sie vermisste.


Herrscher: Königin Melysan II.

Wappen: Der gekrönte Rabe auf scharlachrotem Grund


Serijsa, das Land der Märchen. Dichte Wälder, geheimnisvolle Seen, verwunschene Schlösser und Burgen, die Ruinen von verlassenen Türmen und Hütten, die von einer großartigen Geschichte erzählen und über die großartige Geschichten erzählt werden. Ein Ort, an dem goldene Funken in den Sonnenstrahlen tanzen und über blühende Wiesen schweben, und an dem die Geister in den Vollmondnächten nah zu sein scheinen.


Einst das größte Reich von Atharys unter der Herrschaft der eroberungswütigen Raben von Serijsa, heute eine starke Handelsmacht, die von Händlergilden regiert wird.


Der Glanz des Königshauses ist lange verblasst, die Eroberungen der Raben und ihre glanzvolle Herrschaft über einen großen Teil von Atharys sind Vergangenheit, dennoch hat niemand je gewagt, sie endgültig zu stürzen. Denn die Raben von Serijsa waren eng mit den Feen verbunden und niemand weiß, wie viel von ihrer Magie noch in den Adern der Könige verblieben ist. Die Serijser fürchten Flüche und sind abergläubisch genug, dass sie ihre Monarchen niemals brüskieren würden - selbst wenn sie seit langer Zeit keinen mehr von ihnen zu Gesicht bekommen haben. Die Raben von Serijsa haben sich vor gut einhundert Jahren von der Welt zurückgezogen. Melysan I. war die letzte Rabenkönigin, die offen über Serijsa regiert hat. Danach ist Serijsa immer mehr und mehr in die Hände der Gilden übergegangen.


Auch Melysan Areon, die aktuell regierende Königin, lebt zurückgezogen. Sie verlässt Schloss Rabenschwinge nicht und zeigt sich niemals ihrem Volk. Es mag an der Trauer um ihre Gemahle liegen. Denn Melysan hat jeden einzelnen ihrer fünf Ehemänner zu Grabe tragen müssen. Stets waren es Prinzen aus fremden Ländern und stets sind sie unter unglücklichen Umständen ums Leben gekommen. Ein Jagdunfall, Fieber, das brechende Eis auf dem zugefrorenen Teich des Schlossgartens. Selbst der Feenwahn. Keiner von ihnen hat nach der Hochzeit lange leben dürfen.


Natürlich hat dies zu Gerüchten geführt. Man erzählt sich, dass Melysan selbst nicht unbeteiligt am Tode ihrer Männer gewesen sei. Dass sie ihrer schnell überdrüssig würde und dafür sorgt, dass sie verschwinden. Doch niemand in Sorieska würde eine solche Anschuldigung jemals laut hervorbringen. Zu stark ist die Furcht davor, dass es der Königin zu Ohren kommt.


Die Menschen von Serijsa leben in ständiger Furcht vor den Feen. Warum diese das Land häufiger heimsuchen als den Rest von Atharys, liegt im Dunkeln. Es mag tatsächlich die alte Verbindung zum Königshaus sein, doch niemand weiß genau, warum sie hier so viel öfter durch die Spiegel treten. Vielleicht sind die Serijser tatsächlich schneller als andere bereit, ihren Wohlstand über einen Pakt mit den Feen zu mehren und rufen sie herbei. Vielleicht gibt es jedoch auch etwas anderes, das die Feen verführt, ausgerechnet an diesem Ort ihr Unwesen zu treiben. Entsprechend besitzen die Serijser vielerlei Bräuche, die darauf abzielen, die Feen fernzuhalten oder sich ihres Einflusses zu erwehren. Das seltene Feeneisen, Eisenwurzelbüschel, die über Türen, Fenstern und - Spiegeln - aufgehängt werden oder die man in Medaillons um den Hals trägt. Junge Frauen tragen zur Feier der Mittsommernacht Kränze aus Eisenwurzel im Haar, weil man fürchtet, dass sie sonst ins Reich der Feen entführt werden oder dem Feenwahn erliegen. Jener geheimnisvollen Krankheit, die die Seele im Feenreich hält, während der Körper als leere Hülle zurückbleibt.


Doch obgleich die Feen eine Rolle spielen, die im ganzen Land spürbar ist, halten sie die Serijser nicht davon ab, bei Tage ihren Geschäften nachzugehen und das Wachstum ihres Landes voranzutreiben. Nicht als Kriegsmacht, sondern als Handelsmacht. Nirgends liegen stolzere Schiffe im Hafen, nirgends blüht der Handel mehr. Und selbst wenn die Größe des Landes geschrumpft sein mag, bleibt Serijsa eine Macht, mit der man rechnen muss.


Die Serijser leben noch heute mit einem stillen Selbstbewusstsein, das von ihrer alten Größe herrührt und tragen dies auch zur Schau. Sie besitzen einen scharfen Geschäftssinn und sind erfolgreich in ihren Unternehmungen. Familien wahren ihre eigenen Traditionen und Bräuche, wobei diese generell eine große Bedeutung besitzen. Serijser wirken vielleicht zuweilen altmodisch und alten Idealen verhaftet, sie machen sich nicht viel aus Mode und neuen Strömungen, außer es liegt ein Geschäft darin verborgen. Dies mag allerdings auch ihrer Bodenständigkeit zuzurechnen sein, denn das Volk von Serijsa neigt bei aller Märchenhaftigkeit seiner Landschaft nicht dazu, Luftschlösser zu bauen oder in Träumereien zu schwelgen.