Dschinnblut

Die Macht der Wünsche

»Oh, Parcivas hat dir nicht die ganze Wahrheit erzählt, Weltenwandlerin. Er ist ein Abkömmling der Dschinn des Südens und er hat dich zu einem Spiel aufgefordert, das er verloren hat. Drei Versuche für dich, drei Forderungen an ihn, die er erfüllen muss.« Der Rabe neigte sich verschwörerisch zu ihr. »Er kann niemals widerstehen, weil er sich für unbesiegbar hält.«


Samtzungen. Gauner. Spieler. Es gibt in Samarhan viele Bezeichnungen für die Abkömmlinge der Dschinn, mächtiger Magier, die einst über das Juwel des Südens geherrscht haben. Entstanden aus Funken der Magie, die bei der Spaltung der Welt auf die Wüste niedergegangen sind, waren die Dschinn den Feen nahe. Ebenso wie das Feenvolk in der Lage, Wünsche zu gewähren und von Menschen fasziniert, wenngleich sie niemals von ihrem Fluch betroffen waren.


Doch auch die Dschinn haben ihre Macht nicht ohne Gegenleistung verschenkt. Wer von ihrer Magie kosten wollte, musste sie in einem von ihnen ausgewählten Spiel schlagen. Wer es gewinnen konnte, war der Erfüllung dreier seiner Wünsche nah. Wer es nicht vermochte, verkaufte ihnen seine Seele - und war fortan dem Dschinn als seinem Herrn verpflichtet. Die Zahl ihrer Diener war entsprechend groß. Denn nur wenige Sterbliche haben jemals einen wahrhaftigen Dschinn schlagen können - und kein Dschinn hat je mit fairen Mitteln gespielt.


Heute sind die Dschinn von dieser Welt verschwunden. Ihre Zahl ist über die Jahrhunderte geschrumpft, ihre Macht versiegt, obgleich niemand weiß, wie es geschehen ist und wohin sie gegangen sein mögen. Es gibt viele Geschichten über ihr Schwinden. Von der Falle eines mächtigen Dschinn, der seinesgleichen eingefangen hat, um sich ihre Macht einzuverleiben, bis zum Ausbrennen ihrer Magie. Sogar von einem mutigen Dieb, der alle Wünsche gestohlen hat, erzählt man. Doch niemand weiß es mit Gewissheit.


Geblieben sind ihre Abkömmlinge. Dschinnblute, die noch über einen Hauch der Macht ihrer Ahnen verfügen. Ebenso wie sie haben sie eine Affinität zu Spielen und Wetten und ebenso wie ihre Ahnen sind sie an ihr Wort gebunden. Drei Versuche für den Herausforderer oder den Herausgeforderten, den Sieg zu erlangen. Drei Wünsche für ihn, die das Dschinnblut erfüllen muss. Und bis diese erfüllt sind, sind sie an den Sieger gebunden. Sie können keinen Wunsch verweigern, ganz gleich, was dieser von ihnen möchte. Dies bedeutet jedoch, dass kein Dschinnblut sich gern schlagen lässt - und sich selten auf ein Spiel einlässt, das es verlieren wird. Auch in der von ihnen verlangten Gegenleistung an den Verlierer sind sie überaus kreativ - zwar binden sie keine Seelen, aber die alte Magie sorgt dafür, dass dieser seine Schulden bezahlt, bis das Dschinnblut zufrieden ist, oder sich von unliebsamen Geschehnissen verfolgt sieht - einem unerklärlichen Pech, das erst verschwindet, wenn die Schuld abgetragen ist.


Die Magie der Wünsche kann heute nicht mehr vollbringen, was sie einst vermocht hat. Dschinnblute können Leben in Dinge wünschen - unbelebte Materie für einige Herzschläge beleben - oder kurzzeitig die Gedanken eines anderen in eine von ihnen gewünschte Richtung lenken - ihn wegsehen lassen, ablenken. Einen Stein dazu bewegen, vor die Füße eines Verfolgers zu rollen. Die meisten Effekte währen nur für Augenblicke, aber sie genügen dennoch, um ihnen Vorteile zu verschaffen, die gewöhnliche Sterbliche nicht besitzen.


Auf den ersten Blick unterscheiden sich Dschinnblute nicht von gewöhnlichen Menschen. Aber ein bestimmter Glanz in ihren Augen, eine intensivere Farbe oder eine anziehende Aura begleiten viele von ihnen und sind ihnen oft von Nutzen.