Der Königswald

Tanz der Feen

Der Feenjäger ließ wortlos die Hand fallen und Corvyn wandte sich ab, um die stacheligen Büsche auseinanderzuschieben, die ihren Weg versperrten. Blutige Kratzer blieben auf seiner Haut zurück und für einen Augenblick klammerten sich die Dornen fester an seine Hände, als sie es sollten. Er schüttelte sie ab und betrachtete die roten Spuren, die sie hinterlassen hatten. Ein Stachel steckte in seiner Hand. Er zupfte ihn heraus und warf ihn zu Boden.

»Biester«, knurrte er unwirsch. Die prallen Früchte des Gebüschs leuchteten selbst im Mondlicht in einem zu kräftigen Rot. Beinahe schien es, als ob sie von innen heraus glühten. Er berührte die warme Haut einer Beere und ein Murmeln klang durch den Wald. Es war verlangend. Lockend. Von Gier erfüllt. Die Haare in seinem Nacken stellten sich auf.

Die hohen, dichten Bäume des Königswaldes schmiegen sich um den Schlosshügel und bergen Schloss Rabenschwinge in ihrem Herzen. Doch das majestätische Schloss der Raben ist nur eines der vielen Geheimnisse, die er unter seinen Zweigen beheimatet.


Einst war er das Jagdgebiet der Rabenkönige und man munkelt, dass es nicht immer das prachtvolle Wild gewesen ist, nach dem im Königswald gejagt worden ist. Ein Feenwald, so wispert man. Die wenigsten wagen es, in den Nächten das Waldgebiet zu betreten. Allzu oft sind gefährliche Feenbestien im Königswald gesehen worden und in Sorieska erzählt man sich, dass bei Vollmond die Feen auf den Lichtungen zusammenkommen, um Sterbliche zu einem Tanz zu verlocken. Ob es wahr ist, steht jedoch in einem anderen Buch.


Schon immer steht der Königswald in dem Ruf, übersinnliche Mächte zu beherbergen. Valyreans Turm ist nur einer der Beweise für diese Gerüchte - der alte, halb verfallene Turm einer mächtigen Hexe, von dem man sagt, dass sie ihn mit ihrem letzten Atemzug verflucht hat. Es gibt viele Geschichten über die Hexe, die unter dem Rabenkönig Ascaris als dessen Hofhexe gedient haben soll. Noch heute werden sie den Kindern erzählt und so ist Valyreans Name nur allzu lebendig geblieben. Trotzdem nähert sich niemand dem alten Gemäuer, das von eingeritzten Schutzrunen überzogen ist, freiwillig.


Tatsächlich treiben viele niedere Feen im Königswald ihr Unwesen, sobald die Sonne untergegangen ist und so finden seit einiger Zeit wieder Jagden im Königsforst statt. Doch es sind nicht die Jagdgesellschaften der Königin, die auf der Suche nach Beute sind. Manchmal sind es jene, die danach trachten, die Feen zur Strecke zu bringen. Und zu anderen Zeiten mögen es die Feen selbst sein, die nach einer sterblichen Beute jagen.


Feen, die aus Teichen tauchen und Sterbliche mit sich ins Wasser ziehen, wo man sie ertrunken findet. Feenwesen, die über die Pflanzen befehlen und sie dazu bringen, sich um einen Eindringling zu wickeln, bis kein Atemzug mehr seine Lungen erreicht. Vielleicht ist es sogar wahr, dass die Feen auf den Lichtungen rauschende Feste feiern und sterbliche Seelen stehlen.


Nein, es ist niemals eine gute Idee, sich dem Königswald bei Nacht zu nähern. Und wer es dennoch tut, sollte zuvor sicherstellen, dass er gut bewaffnet ist.