Persecea blickte auf die erstarrten Tränen in ihrer Handfläche die das Mondlicht reflektierten und glitzerten. Eigentlich waren sie ja schön anzusehen, wären sie nicht das leidvolle Produkt von Unterdrückung, Schmerz und Demütigung. Die quälende Pein die einen jedesmal wieder ereilte und jeden ihrer mächtigen Schwestern und Brüder in die Knie zwang, obwohl sich keiner dem ergeben wollte. Aber sie mussten... Niemand konnte sich dagegen wehren... und immer wieder waren sie bei dieser Zeremonie dazu gezwungen vor ihnen zu Kriechen.
Schwer atmend aber um Fassung bemüht rappelte sich die Schattenwandlerin neben den Fabrians wieder auf und wich jedem Blick aus , wischte sich mit dem Handrücken über die aufgebissene Unterlippe. Schmeckte für einen Augenblick ihr eigenes Blut, bis die Heilung einsetzte und der Schmerz langsam verklang.
Persecea hasste es.. Scham gepaart mit unendlicher Wut auf dieses hämisch grinsende Hexenpack, die das auch noch jeden Vollmond so zelebrierten um ihnen vorzuhalten, dass sie von ihnen abhängig waren. Immer wieder wurde ihr nur bestätigt, dass es lange überfällig war, dass man den Hexen ihren eigentlichen Platz zeigen musste.
Sie ließ mit steifer Haltung die Mondtränen in das Kästchen gleiten, welches ihr entgegengehalten wurde um die Gaben darin zu sammeln. Noch immer wich sie verbissen den Blicken aus.. Desmondeos.. und vor allem den der Fabrians, auch wenn sie bezweifelte, dass sie ihr gerade besondere Aufmerkssmkeit schenken würden. Jeder war so mit sich und der eigenen Entrücktheit in diesem Moment der Schwäche beschäftigt, dass jeder lediglich versuchte dieses Gefühl abzuschütteln und sich möglichst wenig dabei anmerken zu lassen, wie sehr das einen Jeden beeinflusste.
Persecea folgte den Fabrians zum Gabentausch, während Desmondeo die andere Seite deckte. Nicht, dass sie hier einen Angriff befürchten mussten, doch es kam schließlich alles nur darauf an, welche Nachricht man dem Rest übermittelte. Macht, Stärke und Einfluss. Sie hörte den Leibwächter bis zu sich herüber mit den Zähnen knirschen und sah den Hass in seinen Augen. Doch er war so damit beschäftigt die Hexen anzufunkeln, dass er ihren mahnenden Blick nicht bemerkte. Noch war ihr Zeitpunkt nicht gekommen... Aber sie wären vorbereitet.. Die Herrschaft der Nacht würde heranbrechen. Persecea folgte Iagos Vortreten, während ihre Gedanken nur einen Sekundenbruchteil zurück in die Vergangenheit schweiften.
Wie schnell er erwachsen geworden war.. sie beide..
Die Schattenspringerin hoffte gerade nur auf das Ende dieser Veranstaltung. Das grelle Leuchten der Hexenlichter blendete ihre empfindlichen Augen und doch lag ihr Blick achtsam auf Jenen die es zu beschützen galt. Seraphia warf ihr silbriges Licht auf den Spross der Fabrians... Sie dachten, sie wären darauf vorbereitet doch war Persecea nicht darauf gefasst, dass es ausgerechnet ihn treffen würde. Es war als tat sich ein Abgrund auf, als das Silber vor ihren Augen die Verbindung zwischen den beiden Jungen Leuten bildete. Ein Stich ins Herz und nicht nur in Iagos. Ihr leises gehauchtes "Nein.." ging in dem Aufschrei Silveas und der Menge unter, während all ihre Befürchtungen zu rasen begannen und ihre sonst so taktische Denkweise mit Gefühlen überschattete.
Angst... wie sie sie noch vor keinem noch so übermächtig scheinenden Gegner verspürt hatte. Er war noch nicht soweit! Iago war stark, doch diesen Fluch in dieser gesellschaftlichen Konstellation und in diesem Krieg, konnte er nicht überleben. Diese Furcht wohl die Erste, die sich manifestierte, weil er zwar viel Potential besaß aber noch nicht bereit für eine Auseinandersetzung war bei der er die Hauptrolle spielte, zumindest in ihren Augen. Diese Angst stachelte ihren Beschützerinstinkt an, dass sie von ihrem angestammten Platz, einen Schritt nach vorne wagte. Der nächste Gedanke und das ganze Ausmaß dessen, in welcher Gefahr er nun schwebte weil dieses Band zwischen ihm und diesem... zerbrechlichen und schwachem Ding bestand. Sie könnte sie wohl wie ein dünnes Ästchen zerbrechen...
Und schließlich Pochte fast nervtötend ein kleiner Teil, den sie verdrängen wollte, aber nicht gänzlich konnte... Dass sie ihn an soetwas wie diesem dürrem Porzelanpüppchen verloren hatte. Dieses Band dass so unfreiwillig kam und ihn mit diesem Kind zusammenzwang... Wut und Angst lieferten sich einen erbitterten Kampf in einem Moment in dem sie eigentlich einen kühlen Kopf bewahren sollte.
Dem ganzen Saal wurde langsam bewusst, was all das bedeutete, doch Perseceas Gedanken rasten. Nur ein Kurzer rückversichernder Blick zu Desmondeo. Er war wohl gerade jener der ihr in diesem Moment den meisten Schutz versprechen konnte. Natürlich war alles vorbereitet, theoretisch, ein Jeder hatte nur darauf gewartet, dass sich ein Silberband zeigte, nur nicht, dass es sich ausgerechnet bei ihm zeigen würde.. sie nickte zaghaft. Viel Unsicherer, als der Hüne es wohl von ihr gewohnt war. Aber es lsg an ihm diese Rebellion anzuführen. Die Anderen zollten ihm den Respekt wegen seiner Kraft und seinem Kampfeswillen. Persecea wäre in seiner Nähe um ihn zu leiten aber auch vor allem bei den Fabrians die es nun zu Schützen galt. Ihr Blick lag auf Iago.. Nur Sekundenbruchteile die verstrichen waren und doch fühlten sie sich wie eine Ewigkeit an.
Sie hatte die Situation verkannt... Unter solchen Umständen hätte sich ersteinmal keiner offen eine Auseinandersetzung gewagt. Doch es war die Hexe der Adamares, die es tatsächlich wagte auf die beiden zuzugehen und die junge Hexe grob am Arm zu packen. Sie hätte die Zeichen deuten müssen. Früher und noch schneller reagieren und doch war sie unfähig sich zu bewegen. Es war eine kaum merkliche Regung von Iago die ihn verraten hätte.. Kaum mehr, als ein Anspannen seiner Muskeln.. Bis seine Schwingen ihren Blick einschränkten und er schon in den Himmel entschwand. Der Schrei Silveas verhallte in der Kathedrale und fast zeitgleich, ein jämmerlicher Versuch Perseceas, sich in den nicht vorhandenen Schatten zu verlieren. Ihre Gestalt verschwamm und wurde wieder deutlicher.
Dafür war es hier zu hell... und das silberne Licht Seraphias verhöhnte sie geradezu, verwehrte ihr den vertrauten und schützenden Schatten und die Möglichkeit Iago vielleicht noch zu folgen... Nein, sie wäre ihm ohnehin nicht nachgekommen, dafür war Iago zu schnell. Doch das brachte auch Hoffnung, dass ihn kein Anderer einholen konnte. Vielleicht schaffte er es sich in Sicherheit zu bringen...
Jetzt galt es die Familie zu beschützen, die sie als ihre eigene Auserkohren hatte. Mächtige Verbündete, die sie in ihrem Krieg auf ihrer Seite brauchten. Um schließlich die Schattenwandler Familien zu Einen, gegen die Hexen und ihre arrogante Einstellung ihnen gegenüber. Lange tötliche Krallen aus Schatten bildeten sich an ihren Händen, den Mund zu einem grausamen angsteinflösenden Grinsen verzogen, als sie sich in Leibwächtermanier schräg vor Iagos Mutter positionierte und die linke Flanke im Blick behielt. Diese verdammten Lichter waren zu ihrem Nachteil... Doch so leicht waren die nicht zum erlöschen zu bringen...
Persecea fauchte unterschwellig, als die Anschuldigungen laut wurden. Iago hatte sie mit Sicherheit nicht entführt... er hatte dieses Hexenweib beschützen wollen! Vor ihren eigenen Leuten... Alles in ihr schrie nach Rache, doch durften sie nicht gerade jetzt den Kopf verlieren.