[Das Silberband] Kapitel 1

  • ...und dann überschlugen sich die Ereignisse.

    Einer der Schatttenwandler war, noch mitten im Kampfgeschehen, ihm praktisch vor die Füße gefallen, weggeschleudert vom Schlag des großen anderen Schattenwandlers.

    Es war eine Mischung aus Angst und der Erinnerung zuvor ausgesaugt worden zu sein, und plötzlich sah der Wandler aus wie der, der ihm zuvor das Leben genommen hatte. Vielleicht war er es tatsächlich? Wer konnte das schon genau sagen, es war dunkel gewesen, und die Erinnerung durch den nahenden Tod getrübt... Aber der Eindruck hatte vollkommen gereicht.

    Und dann hatte er plötzlich eine Eisenstange in der Hand, wohl ein Bauteil der Befestigung der abgebrannten Villa.

    Und wie ferngesteuert hatte er dieses dem Wandler in die Weichteile gerammt. Ihn am Boden liegend an der Erde festgenagelt. Er starb noch ehe der Fürst auftauchte und den Kampf beendete.

    Und Arvijd wich zurück, Blut klebte an seinen Händen, jetzt mußte er schnell verschwinden ehe er zum zweiten Mal innerhalb eines Tages sein Leben aushauchte.

    „[...] es ist verlockend, wenn das einzige Werkzeug, das man hat, ein Hammer ist,

    alles zu behandeln, als ob es ein Nagel wäre.“

    1966, Abraham Maslow, Psychologen

  • „Halt!“


    Eine Stimme erklang hinter dem Menschen, an dessen Händen noch das Blut des getöteten Schattenwandlers klebte. Eine Hand legte sich auf seine Schulter, der Griff fest und unnachgiebig. Die Männer des Fürsten trafen ein und der verwilderte Park füllte sich mit Leben.


    Die Schattenwandler bildeten einen Ring, der die Versammlung einschloss. Es gab keinen Weg, den Park zu verlassen, ohne ihren Weg zu kreuzen. Einer von ihnen kniete neben dem Toten nieder und legte die Hand auf dessen Brust. Dann hob er den Kopf und blickte zu seinem Fürsten. Ein Kopfschütteln bedeutete Magnas, dass er sein Leben gelassen hatte und die Miene des Fürsten erschien aus Stein.


    „Es ist Horis Vespares, Sereis“, sagte er laut genug, dass es den Fürsten erreichte. Eine niedere Familie der Schattenwandler, den Solanis verbunden. Nein, es überraschte Magnas nicht.


    Ein anderer versperrte den Weg der Hexe, bevor sie ihren Zufluchtsort erreichen konnte. Eine Mauer aus Dunkelheit, die vor ihr emporwuchs und ihr bedeutete, dass sie den Park nicht verlassen würde.


    „Silvea!“


    Ein Ruf, der von der Straße aus ertönte, lenkte die Aufmerksamkeit aller auf die jungen Hexer, die ohne Scheu auf den von Schattenwandlern gefüllten Park zuhielten. Ein Blick enthüllte Clivras und Thenas, die Brüder der jungen Hexe, so von Zorn und Furcht um sie erfüllt, dass sie selbst die Übermacht der Schattenwandler nicht fürchteten.


    Silvea erstarrte in Iagos Armen, dann kam Leben in die Hexe und sie wand sich in seinen Armen, die blanke Angst vergessend, die ihre Glieder zittern ließ.


    „Clivras! Thenas!“, schrie sie hinab und Iago fühlte, wie sich Risse durch sein Herz zogen. Silvea sah zu ihm auf, ihre Hände in sein Hemd geklammert und die Augen von silbrig schimmernden Tränen benetzt. „Bitte, bitte lasst mich gehen“, flehte sie.


    Die Risse in Iagos Herz wurden größer. Sein Griff um Silvea festigte sich, denn es gab nichts, nichts auf dieser Welt, das er weniger wünschte, als sie gehen zu lassen. Und doch … ihr Flehen genügte, um ihn hinabsinken zu lassen, ihren Brüdern entgegen.


    Murmeln erhob sich unter den Schattenwandlern. Die Hexen waren offensichtlich aufmerksam geworden, denn Clivras und Thenas würden nicht die Einzigen bleiben, die sich dem Park durch die Straßen näherten. Magie verdichtete sich in der Luft. Das Prickeln von Suchzaubern, die ohne Zweifel auf Silvea gerichtet waren.

  • Die Wunden schienen sich nicht zu verschließen, oder nur quälend langsam, dass man es nicht einmal mit den Augen sehen konnte. Als könnte die Schattenwandlerin dafür einen Gedanken verschwenden. Das Blut tropfte warm über ihren Arm nach unten. Das Brennen auf der Wange nahm ihr noch immer die Sicht auf einem Auge. Sie fühlte sich so unendlich erschöpft, dass sich ihre Fingernägel in die Rinde des jungen Baumes gebohrt hatten um mehr Halt zu finden.


    Dankbarkeit durchströmte Persecea , als der Sereis Iago oder vielmehr der Hexe seinen Schutz anbot. Machte das einen Unterschied? Doch war es eine Hoffnung, denn weder sie noch Desmondeo waren dazu noch in der Lage den jungen Fabrian zu schützen. Der Fürst stand zu seinem Wort. Bisher zumindest..

    Doch was dann passierte erschütterte Persecea. Die Erleichterung über dieses Angebot wandelte sich zur Angst, weil sie sein Zögern bemerkte und dann fast schlagartig in Wut, als der geflügelte Schattenwandler ablehnte.

    Ein Fluch kam keuchend über ihre Lippen. Die Schattenspringerin wollte einen Schritt nach vorne machen, doch ihre Fuß wollte ihr Gewicht nicht ohne die Stütze der jungen Birke halten.

    Dummer Junge! Denn nichts anderes war er gerade. Verlassen von jedweder Vernunft. Bezirzt von der verdammten Hexe in seinen Armen, dass er sich seinem Fürsten widersetzte und sich selbst dem Tode nahe brachte.

    Verzweifelt wanderte ihr Blick zum Rücken des Sereis. Flehte innerlich, dass er ihn aufhalten würde und nicht um ihn, für seine Befehlsverweigerung zu bestrafen, sondern um ihn gegen seinen Willen zu schützen. Er würde sich vermutlich wehren, doch niemand bestand gegen den Fürsten. Noch nicht... Iago war noch nicht so weit. Und wenn er das hier nicht überlebte, würde er es niemals...

    Doch Magnas erhob sich nicht um der fliegenden Silhouette zu folgen.

    Die Rufe und das Geschehen um sie herum verschwamm. Ein Toter... Vermutlich von Desmondeo zur Strecke gebracht.. Sie hatte ihn schon oft in der Arena Kämpfen und vor allem siegen sehen. Dass sich eine Hexe und ein Mensch hier eingemischt hatten, hatte sie im Eifer des Gefechts garnicht mitbekommen. Rufe in der Ferne.. und dann sank Iago wieder hinab.

    " NEIN!" rief die Schattenwandlerin aufgebracht in den Himmel. Selten wurde sie so laut. Wütend. Voller Sorge und stolperte doch einen Schritt nach vorne und ging in die Knie. Weil sie die herannahende Hexenzunft bereits sehen konnte und Iago dort direkt landen würde. Du dummer einfältiger...!

    " Bitte, Sereis..." ihr Blick lag fast flehend auf dem Fürsten und huschte unstet immer wieder auf dem hinabsinkenden Iago.

    " Er weiss nicht was er tut.." hauchte sie beinahe. Eine Stumpfe unsinnige Erklärung.. Sie nahm sich zu viel heraus, das wusste sie. Wer war sie schon, dass sie den Fürsten um etwas bat oder auch nur das Wort an ihn richtete? Doch die Verzweiflung, war ihr Grund genug. Angst um jenen mit dem sie aufgewachsen war und den sie nun nicht mehr beschützen konnte, obwohl sie einen Schwur geleistet hatte Nur langsam verschlossen sich die Wunden. Doch sie war weit entfernt davon, dass sich ihre Kraft wieder herstellte.

  • Desmondeo erhob sich langsam. Sein Atem ging immer noch schwer, und sowhol seine Kleidung als auch seine Arme und Hände waren Blut besudelt. Vorwiegend sein eigenes wie er nahezu beschämt feststellte. Verdammte Rauchwandler. Der Kampf hatte an seinen Kräften gezehrt, aber seine herausragende Regeneration und Konstitution begann nun wieder die Oberhand zu gewinnen. Erw ar nicht wirklich bereit für einen weiteren Kampf, aber kampflos würde er auch nicht untergehen, sollte es erneut zu Außeinandersetzungen kommen wegen der Hexen, die nun den Platz stürmten.


    Sein Blick wanderte über den Platz, Blieb kurz an Persecea hängen, die verletzt, aber nicht sterbend war und somit seine Hilfe nicht benötigte. Den Befehl des Fürsten erwartend, wandte er sich kurz ihm zu folgte aber dann dessen Blick zu Iago und Silvea, die tatsächlich zu den Hexen flogen. Aber immerhin zu Silveas Familie, es waren auf jedenfall die zwei, die sie zuvor beschützen wollten, also war die Gefahr eines Angriffs von ihnen relativ gering.


    Immer wieder suchten seine Augen den Platz nach verräterischen Rauchschwaden oder der schwarzen Tinte ab, doch solange der Fürst hier war, würden sie es wohl kaum ein weiteres Mal wagen.

    Schädel pflastern meinen Weg
    Der eine finstere Seele trägt
    Das Schicksal hat mir Glück gebracht
    Zum Psychopathen mich gemacht



    Hinter mir türmen sich die Leichen
    Die sich einander wie die Menschen gleichen
    Ich sehe dich, du siehst mich nicht
    Ich seh dein Blut und es geht mir gut

  • “Ich hab es dir gesagt.”, wisperte es in Corynns Ohr. “Ich habe dich gewarnt und gesagt, ‘Geh nach Hause Junge!’, habe ich nicht?” Der Junge hockte zusammengekauert droben im Baum und schwitzte dermaßen stark vor Angst, das wenigstens die Schattenwandler seine Furcht regelrecht, im nunmehr nur schwachen Wind, dort drunten würden riechen können. “Er hat dich gewarnt!”, wisperte es daraufhin von der anderen Seite seines Kopfes ihm entgegen. “Er hat wirklich gesagt, ‘Geh nach Hause Junge!’, oh ja, das hat er!” wisperte es beinahe kichernd ihm entgegen. “Aber was für ein Sturm, was für ein Tanz, was für ein Spaß!” keckerten die anderen Windgeister ihm unbekümmert ins Ohr. “Nur schade, das wir schon aufhören mussten!” klang ein, rasch in der Ferne verklingendes, Wispern ihm noch ans Ohr, ehe jener mächtige, den Kampf alleine durch sein Erscheinen beendet habende Schattenwandler von einer plötzlichen Böe ergriffen, mit flatterndem Gewand und wehenden Haaren kurzzeitig dort unten stand, ehe der Wind sich dann aber auch rasch schon wieder legte. “Wirklich zu schade!” kicherte es daraufhin wieder leise an Corynns Ohr, der die Augen fest verschlossen und so flach als nur irgend möglich atmend, noch immer hoffte, das ihn niemand hier droben bemerken und die dort unten darum ohne sich um ihn zu kümmern möglichst bald ihrer eigenen Wege wieder ziehen würden. “Oh, schau mal dort!” Eine neue Stimme im Wind, ein neuer oder sich bis eben schlicht noch nicht zu Wort gemeldet habender Geist flüsterte ihm freudig ins Ohr und blies ihm, als Corynn nicht sofort seine Augen öffnete einige abgerissene Blätter alten Laubes ins Gesicht. Nur widerwillig öffnete Corynn daraufhin die Augen und sah tatsächlich eine Schar von Gestalten – waren das Hexen – sich dem Geschehen nähern und wenig später schon einen, nein zwei Schatten, dicht beieinander, vom Himmel herab zu eben jenen hernieder fahren: Die durch das Seelenband geeinten so ungleichen Gefährten, deren Liebe, sollte sie sich denn erfüllen, Tod und Verderben samt Blutvergießen und Krieg über das Land zu bringen drohte!

    „Secrets and lies, that's how we grew up, and Albus... he was a natural.“ — Aberforth Dumbledore

  • hier ging es nicht weiter.

    Finnja sah die Wand aus Schattenwandlern, die den Park abgeriegelt hatten.

    Ja, sie hatte sie unterstützt, doch wieviel Wohlwollen konnte sie jetzt erwarten?

    Gleichzeitig spürte sie die Suchzauber der anderen Hexen.

    Silveas Brüder waren auch bereits fast hier - die beiden würden ihre Schwester unterstützen, so nahm sie an. Aber die anderen?? Schwer einzuschätzen, besser sie blieb pessimistisch.

    Und doch... selbst wenn sie gegen das Silberband arbeiten würden, so schienen es doch die Schattenwandler beschützen zu wollen, und sie hatte die Möglichkeit im Tumult zu fliehen.

    So setzte sie ihnen einen Anker aus Magie, so würden sie Silvea schneller finden.

  • Der feste Griff eines der Schattenwandler machte jeden Gedanken an eine Flucht zunichte.

    Die Männer des Fürsten waren eingetroffen.

    Sie nannten den Namen des getötetetn, aber Arvijd kannte ihn nicht, nicht den Namen, nur das Gesicht.

    "Er hat mein Blut genommen. Ich wollte mir nur zurückholen was mir gehört."

    Erklärte er, nur um hinterher festzustellen, wie trotzig das geklungen haben musste.

    Sie würden vermutlich nichts verstehen was er meinte, das war ihm allerdings weitgehend gleichgültig.

    Seine Rache hatte er gehabt, einer der sehr seltenen Fälle.

    Und nun?

    Es tat sich etwas, offenbar stellte nun die andere Seite ihre Figuren auf.

    In was war er da nur reingeraten?

    „[...] es ist verlockend, wenn das einzige Werkzeug, das man hat, ein Hammer ist,

    alles zu behandeln, als ob es ein Nagel wäre.“

    1966, Abraham Maslow, Psychologen

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